Sonntag, 30. März 2014

...nach Puyo...

Jetzt ist es soweit. Gestern Abend habe ich mich mit dem Projektverantwortlichen Achuar getroffen, den ich schon bei meiner letzten Reise kennengelernt habe. Es war ein freudiges Wiedersehen und auf der Dachterrasse des Secret Garden - ich hatte extra die Morgenschicht übernommen um abends frei zu sein - hatten wir Gelegenheit uns über meine Pläne und die neuesten Nachrichten aus Sharamentsa zu unterhalten.

Heute Morgen habe ich mein Hostel verlassen und bin mit meinem Begleiter nach Puyo aufgebrochen. Er kennt in Ecuador scheinbar jeden, das heißt auch alle meine Interviewpartner und umgekehrt. Das kann gut und schlecht sein, aber ich tendiere zu gut, denn wir haben eine herzliche und vertrauensvolle Beziehung und so komme ich hoffentlich etwas einfacher an meine Informationen. Er erzählte mir auf der viereinhalbstündigen Fahrt einige Anekdoten aus seinem Leben und wir berieten uns auch über die Schwierigkeiten, die jüngeren Mitglieder der Gemeinde für das Entwicklungsprojekt zu motivieren. Mein Freund hat eine sehr klare Vision davon, was passieren muss, aber seine Erfahrungen sind einzigartig und er kann sie noch so viel mit Worten beschreiben, die nächste Generation tut sich schwer, die gleiche Dringlichkeit zu empfinden wie er. Es wird unter anderem meine Aufgabe sein, verstehen zu lernen, was alle Beteiligten sich von dem Projekt versprechen.

Zum Beweis, dass ich wirklich in Puyo angekommen bin, hier wieder ein paar Bilder von der Fahrt und meiner Unterkunft für heute Nacht. Morgen geht es dann mit dem Flugzeug nach Südosten an  die Grenze zu Peru am Pastaza-Fluss.

Cotopaxi

Tungurahua

Ein Ara in einem Baum direkt auf  dem Hostelgelände

Willkommen im Regenwald!

Aus Quito...

...auf den Berg. Ich habe eine Lücke in meinen Pflichten als Freiwilliger im Hostel und als Interviewer genutzt, um auf den "Hausberg" von Quito zu steigen. Dazu nimmt man die Seilbahn auf die Spitze Cruz Loma und läuft von dort auf den weit höheren Gipfel Rucu Pichincha mit 4696 Metern. In einem Reiseführer hatte ich gelesen, der Weg würde drei Stunden dauern, und dabei stillschweigend angenommen, dass das die Angabe für den Hin- und Rückweg sei (gemeint war natürlich der einfache Weg).
So stieg ich und stieg ich, genoss die Landschaft und meine gewonnene Höhenlufttauglichkeit und kam nach etwa zweieinhalb Stunden, vorbei an einer Sandzone, einer Höhle mit Tropfwasserbecken und einem letzten steilen Felsanstieg zum Gipfel. Dort traf ich zwei Münchner Geografiestudenten, die mir eine leckere Semmel schenkten, und einen freundlichen Ecuadorianer in meinem Alter, mit dem ich mich eine Weile unterhielt. Während wir redeten näherten sich zwei Vögel, die mein neuer Freund als Curiquingues bezeichnete. Ich fütterte sie mit dem mitgebrachten Dattelbrot und machte einige Fotos. Es folgen einige Fotos des Abenteuers:
Pferde für Ausritt zu mieten

Quito im Hintergrund

Halber Weg

Letztes Stück

Auf dem Gipfel mit Curiquingue

Curiquingue

Blick über Pasochoa-Krater auf Gipfel des Cotopaxi

Mittwoch, 26. März 2014

Leben in Quito

Basilica del Voto Nacional
Ich sitze wieder auf der Dachterrasse. Bevor ich nach Cotopaxi gefahren bin, hatte mich der Besitzer der Hostels, ein Australier, bereits angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, ein bisschen als "voluntario" auszuhelfen. Zunächst war ich mir nicht sicher, weil ich gerne mehr Einheimische kennenlernen wollte und dafür Couchsurfing besser geeignet ist. Doch am Ende habe ich mich entschieden den Job zu akzeptieren, denn er bietet mir viele Vorteile: Ich habe ein kostenloses Privatzimmer, kostenloses Frühstück und Abendessen, freie Getränke, und Internet. Dafür muss ich mich ab dem späten Nachmittag für ein paar Stunden um das Verteilen von Essen kümmern und bis 11 Uhr abends an der Rezeption aushelfen, also Fragen beantworten und Gästen ihre Zimmer zeigen. Außerdem bin ich verantwortlich für das all-abendliche Lagerfeuer auf der Dachterrasse, das wir auch bei Regen am Laufen halten. Es gibt bei weitem unangenehmere Jobs als mit Weltreisenden um ein Feuer zu sitzen und gelegentlich neue Drinks zu verteilen oder ein Taxi zu bestellen.

Blick in den Krater des Pululahua
Tzantza im Glaskasten
Diese Situation bedeutet für mich auch, dass ich fast den ganzen Tag über frei habe und mich nicht um allzuviel kümmern muss. Am Montag genoss ich den Blick von der Basilica del Voto Nacional, deren Türme bis ganz nach oben zu besteigen sind. Und gestern war ich mit einer Gruppe auf einem Ausflug zur Äquatorlinie, der so genannten "Mitte der Welt" (Mitad del Mundo). Nach einem Zwischenstop am alten Krater des Pululahua ging es zum Museum Inti Ñan (quechua für "Weg der Sonne"), dem geografischen Ort des Äquators, wo Charles-Marie de La Condamine im 18. Jahrhundert auf einer Expedition die Erde vermaß und unter anderem Grundlagenarbeit für das metrische Maßsystem leistete. Der Besuch des Museums beginnt leider mit einigen oberflächlichen Informationen zu den indigenen Bewohnern Ecuadors und wählt ausgerechnet die spektakulären Schrumpfköpfe der Shuar-Indianer als Beispiel. Wegen meines mittlerweile erweiterten Wissens habe ich mich über das verzerrte Portrait eher geärgert. Die Experimente mit den Korioliskräften an der Äquatorlinie haben mir dagegen wirklich Spaß gemacht. Ein Ei auf dem Kopf eines Nagels zu balancieren ist hier einfacher, und Wasser, das aus einem Becken unten abfließt, dreht sich auf der Nord- und Südhalbkugel in gegensätzlicher Richtung in den Strudel. Es gibt weder Tornados noch Taifune rund um die Erdmitte, also muss man sich bezüglich Naturkatastrophen an Erdbeben und Vulkanausbrüche halten ;-)

Spaziergang am Äquator
Doch nicht nur zum Tourismus habe ich gerade genug Zeit, auch meine Arbeit hat heute einen Schritt nach vorne gemacht. Nach einem glücklichen Zufallstreffen auf einer Münchner WG-Party hatte ein neuer Bekannter vor drei Wochen einen Kontakt für mich hergestellt. Nach ein paar E-Mails und einem Telefonat hatte ich eine Verabredung mit dem Chef eines für meine Arbeit sehr interessanten Tourismusunternehmens. Also nahm ich heute Früh ein Taxi in die Nordstadt und nach kurzer Wartezeit im Büro durfte ich fragen, was ich wollte. Mein Spanisch war teilweise ungewohnt holprig wegen der vielen Gedanken im Kopf, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Spannende Informationen und neuer Schub für meine Ideen!




Montag, 24. März 2014

Secret Garden in Cotopaxi

(verfasst am 22.3.14)

Daisy und Mash
Ich habe mich entschlossen für zwei Nächte zum Vulkan Cotopaxi zu fahren. Das Secret Garden Hostel, in dem ich in Quito untergekommen bin, hat dort einen Ableger und einen günstigen Shuttledienst. Außerdem ist Wochenende und ich werde nächste Woche noch genug Gelegenheit haben, mich mit Interviewpartnern in Quito zu treffen. Hier im Secret Garden II sitze ich jetzt auf einem Sofa, an einem gemütlichen offenen Kamin, ein Dackel namens Daisy zu meinen Füßen und im Hintergrund läuft eine CD von den Rolling Stones. Alle um mich herum lesen, schlafen, oder streicheln die Hunde. Wir sind erschöpft, denn heute Vormittag haben einige von uns den Cotopaxi bestiegen.

Am Cotopaxi-Gletscher
Von einer Basisstation ging es steil bergauf bis zu einem noch im Bau befindlichen „Refugio“. Danach waren es nur noch 130 Höhenmeter bis zum Beginn des Gletschers. Alles in allem kamen wir so gut über 5000 Meter über dem Meeresspiegel. Neben dem kalten Wind, den Graupelschauern von der Seite und dem Nebel ringsum war vor allem die dünne Luft eine Herausforderung. Der eigentliche Aufstieg war nur etwa eine Stunde, aber das ist für etwa 600 Höhenmeter schon anspruchsvoll. Also: kleine Schritte, öfter Pausen, gute Kleidung und schon ist man oben. Heißer zuckersüßer Minztee und Bananenkuchen zurück beim Jeep schmeckt danach gleich nochmal so gut :)

Panorama mit Rumiñahui
Diese Landschaft ist wunderschön, auch wenn die Spitzen der Vulkane fast die ganze Zeit über in den Wolken stecken. Die „Straße der Vulkane“ wird diese Gegend genannt, weil jeder Berg in der ganzen Gegen vulkanisch ist. Der Cotopaxi ist aktiv, aber seit etwa 120 Jahren nicht mehr ausgebrochen (in der Vergangenheit gab es einen Ausbruch alle 100 Jahre, also könnte es bald wieder soweit sein). Über dem Tungurahua (das h ist stumm) sieht man dafür fast ständig eine Rauchwolke und bei Nacht selbst Lava.

Auf dem Pasochoa
Ich habe außerdem sehr nette Gesellschaft. Die Reisenden, die hier mit mir untergekommen sind, kommen aus Kanada, den USA, Australien, Neuseeland, Schweden, der Türkei, Großbritannien und Deutschland. Zwei der Kanadier haben ihr Hab und Gut zuhause verkauft und sind nun auf der Suche nach einem guten Ort um ein eigenes Hostel aufzumachen. Das neuseeländische Pärchen war gerade für sechs Monate in Südamerika mit dem Rucksack unterwegs und ist etwas traurig, weil in zwei Wochen der Heimflug ansteht und beide noch nicht nachhause wollen. Ein Australier hat mir von seiner Masterarbeit über nachhaltigen Tourismus im Süden von New South Wales erzählt, bei dem er ganz ähnliche Phänomene entdeckt hat, wie ich sie bei meiner Doktorarbeit vor mir sehe: Die Flucht der indigenen Ureinwohner in die Städte, wo sie aus Mangel an Alternativen die niedersten manuellen Arbeiten verrichten und von der Gesellschaft als Außenseiter behandelt werden. Doch erfolgreiche Ökotourismus-Projekte, wie die von Quechua-Indianern betriebene Sani Eco-Lodge am Rio Napo zeigen, dass sich manche Gemeinschaften ihre Identität und ihre Würde angesichts des Drucks der „westlichen“ „Zivilisation“ zu bewahren wissen. Ich bin umso mehr gespannt, wie sich das Amazonica-Projekt weiterentwickelt.

Donnerstag, 20. März 2014

Ankunft in Quito

Bei den Flaggen links ist das Hostel
Es ist kurz nach 15 Uhr in Quito (6 Stunden Zeitdifferenz nach München). Gestern war ich um 9 Uhr Ortszeit im Bett im oberen Stockbett in einem 8-Bett-Zimmer. Der Jetlag, ein sehr beharrlich krähender Hahn und die Kirchglocken brachten mich gut ausgeschlafen um 6:30 Uhr auf die Beine.Während es nachts eher kühl um die 10 Grad ist, hat es im Laufe des Vormittags schnell eine schwüle Wärme und ein paar Sonnenstrahlen gegeben, so dass die Jacke bald überflüssig wurde.

Jetzt sitze ich auf der Dachterrasse des Secret Garden Hostels, das letztes Jahr auf Hostelworld eine Auszeichnung als bestes Hostel Südamerikas gewonnen hat. Das Gebäude ist verwinkelt mit vielen Zimmern auf mehreren Etagen und ist, wie die historische Altstadt Ecuadors, Teil des Unesco Weltkulturerbes.  Gleich nebenan ist die Plaza San Blas mit einer Kirche aus dem 17. Jahrhundert. Claudio, der Taxifahrer, der mich gestern Abend für 28 Dollar vom außerhalb der Stadt gelegenen Flughafen zum Hostel gefahren hat, erzählte mir, dass er in dieser Kirche getauft wurde als Quito noch nicht so groß war. 

Die Aussicht über die Stadt ist faszinierend und die vielen niedrigen Gebäude erstrecken sich zwischen den grünen Bergen ringsum bis zum Horizont. An der letzten Treppenstufe zur Dachterrasse steht die Höhe auf der ich mich befinde: 2827 Meter über dem Meeresspiegel.

Der Zufall hat mir auf den Flügen hierher schon etwas geholfen und mir mehrere nette und hilfreiche Kontakte beschert. Eine Deutsche, die gerade auf dem Weg zu einem Segeltörn von Panama nach Kolumbien war, hatte früher für eine Stiftung gearbeitet, wo ich für meine Doktorarbeit vielleicht einen Kontakt finde. Ein Ecuadorianer, der seit Jahren mit seiner Familie in Spanien lebt, lud mich gleich zu sich auf eine Finca ein. Mal sehen, was ich in der begrenzten Zeit noch kennenlernen kann.

Heute Vormittag habe ich mir bereits eine ecuadorianische Telefonnummer und einen zweiten Steckdosenadapter zugelegt. Das Geldabheben klappt auch. 

Zusammenfassung: Ich bin gut angekommen.

Montag, 17. März 2014

Kurz vor der Abreise

In zwei Tagen steige ich in den Flieger nach Ecuador. Kurz vor meiner Abreise bekomme ich noch eine Erinnerung daran, wie schön Deutschland ist. Der Frühling hat begonnen und in München ist es schon warm genug, um am Isarufer zu grillen. Durch meine feine Pigmentierung habe ich sogar einen leichten Sonnenbrand bekommen, der mich aber nach dem Winter eher fröhlich stimmt.

Wegen eines Kolloquiums nahm ich letzte Woche einen Zug nach Köln um meine Arbeit mit anderen Doktoranden und Professoren zu diskutieren. Die Zugfahrt durch das schöne Rheintal hat das Reisefieber nochmal voll in Schwung gebracht. Ich bin gespannt auf die Erlebnisse in Quito, in Puyo und im Regenwald des ecuadorianischen Oriente. Die Landschaft dort ist nicht vergleichbar und die Freude der wechselnden Jahreszeiten ist den indigenen Dschungelbewohnern fremd. Wo keine Blätter fallen und Schnee nicht einmal vorstellbar ist, da kann man den Reiz der längeren Tage und die Freude über die angenehmeren Temperaturen des Frühlings nach dem kalten Winter nicht verständlich machen.

Umso mehr werde ich versuchen, meinerseits das Lebensgefühl im Dschungel zu erfassen und mich in den (vermutlich viel zu kurzen) drei Monaten Aufenthalt mit möglichst viel Neuem vertraut zu machen. Meine Reiseplanung steht, einige Kontakte sind vorbereitet und Treffpunkte vereinbart. Den Rest kann ich eigentlich auf mich zukommen lassen und darauf vertrauen, dass sich alles irgendwie fügen wird.

Hasta pronto! Aíii