Dienstag, 10. Juni 2014

Cuenca und die Küste

Mit dem Hostel-Rad am Rio Tomebamba
Nach kurzem und angenehmem Zwischenaufenthalt in Baños (de Agua Santa), wo ich nochmal ein bisschen zum Wandern kam und abends im vulkanischen Thermalbad entspannte, fuhr ich acht Stunden Bus und erreichte Cuenca. Viele hatten mir berichtet, es sei ihre Lieblingsstadt in Eucador und ich bin geneigt, ihnen Recht zu geben: Es war etwas wärmer als in Quito, die Sehenswürdigkeiten waren alle zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen und die Lage mit Bergpanorama zwischen vier Flüssen ist etwas Besonderes.

Archäologischer Park Pumapungo
Das Museum Pumapungo liegt an der archäologischen Ausgrabungsstätte eines ehemaligen Inkapalastes, in dem unter anderem der berühmte Atahualpa residierte, welcher schließlich von den kolonisierenden Spaniern entführt und auch gegen das verlangte Lösegeld (Zimmer voller Gold und Silber) nicht mehr freigelassen wurde. Der Palast war gewaltig und zu Inkazeiten das Verwaltungszentrum des Gebietes, das wir heute als Ecuador kennen. Der Park ist sehenswert, aber auch das Museum selbst bietet einiges. Die ethnographische Abteilung gibt einen breiten Überblick über alle indigenen Nationalitäten des Landes und beschreibt, wo und wie sie leben.

Schrumpfkopf oder Tzantza
Ausführlich wird auch der Brauch der Schrumpfkopfherstellung der Shuar-Indianer beschrieben, ohne sensationslüstern die Erläuterung des spirituellen Hintergrundes vermissen zu lassen. Das Schrumpfkopfmachen aus Menschen ist heute natürlich verboten und wurde vor etwa 70 Jahren von den Shuar aufgegeben. Manche Shuargemeinden greifen jedoch für dieses traditionelle Übergangsritual ins Erwachsenenalter angeblich auf Faultiere zurück. Fakt ist auch, dass es scheinbar in der Welt Menschen gibt, die viel Geld für einen echten Schrumpfkopf ausgeben, was eine regelrechte "Tzantza-Mafia" gelegentlich zur Entführung und Enthauptung von Menschen treibt. Perverses Geschäft!

Hüte über Hüte über Hüte
An einem anderen Tag ging ich in die Hutmanufaktur von Homero Ortega, einer der ältesten Fabriken von Panamahüten in Ecuador. Panamahüte müssten übrigens eigentlich Ecuadorhüte heißen, denn sie wurden lediglich nach dem Land benannt, wo traditionell der Urprungshafen für die Verschiffung in die weite Welt lag. Die Hüte reichen je nach Qualität von 30 bis 2000 Dollar an Wert und es gibt eine große Menge verschiedener Designs. Die Formpressen stammen übrigens aus Deutschland und sind etwa 110 Jahre alt.

Blick nach Norden auf Olón
Viel besser gehts nicht :)
Nach dem Hochland nahm ich eine weitere achtstündige Busverbindung nach Montañita, einem touristischen kleinen Ort an der Pazifikküste. Malerisch gelegen und mit einer Unmenge an Restaurants, Bars, Diskos und Surfshops ist hier vor allem Party angesagt. Ganz nett, aber ich quartierte mich lieber oberhalb  am Hang ein und genoss nachts etwas mehr Ruhe. Bei einem Strandspaziergang gabs außerdem einen leckeren Teller mit Shrimps, welche in der Nacht zuvor direkt hier gefangen wurden. Hier wird nicht überfischt, sondern der von den kleinen Kuttern eingebrachte Fang in der Früh mit Motorrädern oberhalb und unterhalb am Strand an Restaurants und Touristen verkauft.

Bilderrätsel: Was ist das?
Mittlerweile bin ich schon weiter im Norden an der Küste in Canoa. Ein kleines Strandparadies zum Entspannen. Ich kam gerade rechtzeitig um abends noch einen schönen Sonnenuntergang zu erleben. Beim Strandspaziergang gestern holte ich mir einen leichten Sonnenbrand, denn hier ist es von allen Orten, an denen ich in den letzten drei Monaten war, am heißesten - gut über 30 Grad bei strahlender Sonne. Ein guter Ort, um meinen Ecuadoraufenthalt ausklingen zu lassen. Außerdem habe ich das Gefühl jetzt (bis auf Galápagos) alle Gegenden Ecuadors recht gut kennengelernt zu haben.

Die nächsten Einträge in diesem Blog kommen wieder aus Deutschland, denn schon heute Nacht nehme ich einen Bus zurück nach Quito und freue mich darauf, alle im deutschen Sommer wiederzusehen!
Sonnenuntergang in Canoa

Freitag, 30. Mai 2014

Regenwald intensiv, die Zweite

"Lobby" und Aufenthaltsraum
Feuerstelle und Esstisch/Arbeitsplatz
Wieder hat mich der Wald freigegeben. Diesmal verbrachte ich zwei Wochen im Hotel von Yuwientsa, einer Shuar-Gemeinde in der ecuadorianischen Provinz Morona-Santiago. Ich sage Hotel hier ganz ohne Ironie, denn ich hatte (wieder) Vollpension, ein sehr angenehmes Zimmer, und ein Vorzimmer mit Feuerstelle und Hängematten. Für meine Interviews wurde per Zeitplan gesorgt, so dass mit relativ großer Zuverlässigkeit die Interviewpartner selbst im Hotel erschienen und sich für meine Fragen Zeit nahmen. Anders als in Sharamentsa, das am Flussufer in einer Gegend ohne größere Erhebungen liegt, ist Yuwientsa umgeben von Hügeln. Das Hotel liegt auf einer Erhöhung, so dass man einen großzügigen Ausblick genießt. Geradezu luxuriöses Forscherleben :)
Boa(h)
Da wird der gelegentliche Besuch eines Skorpions im Zimmer hingenommen und die Spinnen mit ihren Netzen werden zu Beschützern vor den Moskitos. Lange hatte ich - abgesehen von Insekten und Vögeln - wenige der Attraktionen der typischen Dschungelfauna gesichtet. Doch eines Tages brachte einer meiner Begleiter eine zwei Meter lange Boa, die er auf dem Heimweg gefunden hatte, zum Anschauen mit ins Hotel. Jung und Alt bewunderte und streichelte die Schlange. Am Ende wurde sie am Fundort wieder ausgesetzt. 
Eine kleine Großspinne
Kurz darauf sah ich dann meine ersten Großspinnen, die im aus Blättern dicht gewebten Dach des Hotels Schaben und kleine Fledermäuse jagten. Leider sind die Spinnen nicht wie die Schlange zum Streicheln geeignet, da manche Tarantelarten als Abwehrreaktion schmerzhafte Haarpfeile verschießen. Sie sind aber auf ihre eigene Weise schön und faszinierend, finde ich.
Wenn die Wasserleitung, die auch vom Rest des Dorfes genutzt wird, überlastet war und vorübergehend versiegte, lohnte es sich, auf die Alternative vor Ort zurückzugreifen: Baden im Fluss! Wundervoll, erfrischend aber nicht kalt, ganz nah und nach einem heißen Dschungeltag mit Arbeit und Sport genau das Richtige.
Die Lagune und ihr Herr
Eines der Highlights war der Besuch der Lagune eines der hiesigen Väter des Projekts. Er züchtet Fisch zur Nahrungsversorgung und pflegt den Tierreichtum der Umgebung. Er hat die Idee, einmal eine Art Wildpark einzurichten, so dass man in einem eingezäunten Gebiet die Tiere des Waldes beobachten kann. Er ist ein Visionär, einer derjenigen, der sich schon lange vor dem Erscheinen der Stiftung für den Erhalt der Flora und Fauna rund um sein Heimatdorf einsetzte und zum Beispiel gegen das Fischen mit Dynamit und Gift vorging. In paradiesischer Umgebung tauschten wir uns über die Zukunft aus, und über die Hoffnung, die er in die nächste Generation setzt. Inspirierend!
Der unvergleichliche Flussblick
Auf der Rückreise aus dem Wald besuchte ich ein zweites Mal mein liebgewonnenes Achuar-Dorf Sharamentsa, diesmal in Begleitung der Stifungsleiterin Mascha Kauka, die von den Achuar Núnkui genannt wird (nach einem der guten Geister der Pflanzen), und von den Shuar Yaanua, die Sternenfrau (ein nicht untypischer Shuarname, bei dem Yaa Stern und Nua Frau bedeutet). Sie war den beiden Dörfern über die Jahre eine gute Freundin und Beschützerin und ist mit ihnen durch dick und dünn gegangen. Natürlich hat sie hat durch ihre jahrzehntelange Arbeit mit den Indigenen von Ecuador einen unerschöpflichen Reichtum an Geschichten, die nicht nur den Forscher in mir interessieren :)
"On the road again"
Seit heute bin ich wieder in Puyo und bereite mich nun auf eine kleine Rundreise durch Ecuador vor mit dem nächsten Ziel Cuenca. Danach soll es noch an die Küste gehen, bevor ich in zwei Wochen wieder nach Deutschland fliege.

Dienstag, 6. Mai 2014

Forschen vs. Freizeit

Seit zwei Wochen bin ich (vorerst) zurück in Quito. Wegen meines Hosteljobs als Freiwilliger wohne und esse ich kostenlos, was ein gutes Argument für Quito im Gegensatz zu Puyo ist, wo ich vermutlich im Hotel wohnen würde. Im Übrigen hatte ich gehofft, viel von meinen Interviews zu transkribieren und einiges für den zweiten Trip in den Regenwald vorzubereiten. Doch wie man sich denken kann ist das Hostelleben nicht nur förderlich für konzentrierte Forschung und Datenauswertung.

Feuer am Nachmittag (uns war einfach kalt)
Seit ich hier bin, kennen mich natürlich immer alle Gäste als einen Volunteer, der immer für Fragen zur Verfügung steht, fast immer eine Antwort hat und zumindest - stets hilfreich bei der Informationsbeschaffung - die Locals oder das Internet bemüht. Und natürlich lerne ich bei der abendlichen Runde um das Lagerfeuer einige interessante Menschen aus der ganzen Welt kennen. 
Es gibt eine Morgenschicht, bei der Frühstück serviert wird, und häufig geht um zehn Uhr ein Shuttle in das Partnerhostel nahe dem Vulkan Cotopaxi, so dass Gäste auschecken und zum Gepäcklager begleitet werden wollen. Die Abendschicht ist länger und nach dem Abendessen gibt es einiges abzuspülen und natürlich das Feuer zu machen. Alles gute Voraussetzungen für die perfekte Prokrastination.* Wenn man dann noch Magen-Darm-Probleme und Schnupfen hinzufügt, leidet die Effizienz des Forschers ;-)

Arbeitsplatz auf der Terrasse
Sir Paul McCartney
Interviews transkribiere ich aber trotzdem und ich komme voran, nur eben langsamer als ich dachte. Und die Pufferzeit hat mir schließlich einige Erlebnisse gebracht, die ich nicht missen will. Zum Beispiel das Paul McCartney-Konzert am letzten Montag im Fußball-Stadion der Liga. Der Ex-Beatle hat in Ecuador eine riesige Fan-Basis und hat das Stadion gut gefüllt. Das bisschen Regen von gefühlten zwanzig Minuten während des dreistündigen Konzerts hat keinen gestört. Ich wollte ursprünglich mit einem meiner Hostelkollegen gehen, aber der hatte den ganzen Tag vor dem Eingang gecampt und ich kam abends etwas zu spät an, um noch mit ihm reinzukommen. Das gute daran war, dass ich auf diese Weise zwei Ecuadorianer kennenlernte, die mir nicht nur sehr nette Gesellschaft während des Konzerts leisteten, sondern mich auch nachts zurück zum Hostel transportierten. Einziges Manko des Konzertabends: Ich wurde beim Anstehen bestohlen und zwar klaute jemand mein Büchlein mit Forschungsnotizen. Bin ich froh, dass ich kleinlich genau alle meine Notizen regelmäßig auf den PC übertragen habe, inklusive Telefonnummern und Adressen. Gefühlter Verlust: zwei Seiten Notizen vom Vortag, einige Formulierungen auf Achuar. Das wars! Glück gehabt, denn die Konzertkarte im Wert von 100 Dollar war direkt daneben. Dummer Dieb :-P

Der Post ist schon lang geworden, also teile ich hier einfach noch ein paar Bilder und Videos von anderen Gelegenheiten wie Ausgehen mit den Leuten aus dem Hostel und einen Tagestrip auf den Markt von Otavalo. 



Vor dem Weggehen in der "Mariscal"

Neue Freunde beim McCartney-Konzert




Markt von Otavalo

Mittagessen mit überraschendem Hühnerfuß

*für diejenigen, die schon eine Weile nicht mehr in der Uni oder Schule waren: Prokrastination (lat. procrastinatio: "Vertagung") ist das Phänomen der Aufschieberei (sehr verbreitet unter Schülern und Studenten), bei dem man angesichts großer Freiheit bei der Zeiteinteilung und trotz klarer Prioritäten die unwichtigsten Aufgaben zuerst erledigt, um gegen Ende einer Deadline zunehmend in Stress zu geraten. Kenntnis des Problems hat erfahrungsgemäß keinen merklichen Einfluss auf dessen Lösung. Ausreichend Schlaf und Sport hingegen scheinen zu helfen ;-)

Montag, 21. April 2014

Leben und Forschen in Sharamentsa

Ein Osterwunder ist es nicht, aber ich bin nach drei Wochen Regenwald am Ostersonntag um die Mittagszeit wieder in Puyo angekommen. Eigentlich hatte ich gegen Ende gar kein großes Bedürfnis den Wald zu verlassen, denn ich hatte mich wirklich gut eingelebt und kann mir gut vorstellen, auch einmal noch länger dort zu sein. Der Komfort des Achuar-Hotels von Sharamentsa sucht im Regenwald seinesgleichen, denn fließendes Wasser und Toiletten mit Spülung sucht man manchmal sogar in teureren Dschungel-Lodges vergebens.

alltäglich: Kind mit Messer
Ich habe die letzten Wochen für meine Arbeit gut genutzt. Einige der Interviews, die ich über das Projekt geführt habe fanden direkt in meinem "Büro", also auf der Terrasse meiner Unterkunft statt, während ich die Älteren im Dorf nach einer Ankündigung in ihrem eigenen Haus besuchte. Dort saß ich dann auf einem geschnitzten Hocker teils umringt von Kindern, während die Frau erst Chicha in typischen Pinink-Schalen brachte und dann im Hintergrund weiter Yuca-Wurzel für das Getränk kaute und in den großen Topf spuckte. 

Seibo im Hintergrund.
Wunderschöner Wald!
Ich habe schon jetzt einiges über die verschiedenen Menschen erfahren, ihre Zukunftshoffnungen und darüber, wie die Entwicklung des Dorfes und die Unterstützung durch Amazonica damit zu tun haben. Es gibt Grund zu hoffen, aber auch Gründe, jede Art von Entwicklungshilfe sehr kritisch zu begutachten, wenn sie Erfolg haben soll. Es wirkt aus meiner Sicht mittlerweile unglaublich, wie eine einfache Geldspritze - ähnlich einer Investition in ein Start-Up-Unternehmen - jemals als glaubwürdiges Konzept für die offizielle Entwicklungshilfe durchgegangen ist. Der Prozess der Entwicklung einer moderneren und für die darin lebenden Individuen auch besseren Gesellschaft ist komplex und vielschichtig, häufig alles andere als rational planbar, und er erfordert von allen Beteiligten eine gewaltige Menge Engagement und Durchhaltevermögen. Das Projekt hier läuft seit vierzehn Jahren und nicht viele Entwicklungsprojekte können das von sich behaupten.

Nachbargemeinde mit zwei Baustilen
Natürlich hatte ich auch wieder etwas Gelegenheit für Freizeitaktivitäten, zum Beispiel um andere Gemeinden zu besichtigen. In Sharamentsa wird nur noch traditionell gebaut mit einigen Modifikationen zum Komfort der Besucher, und einigen greifbaren Verbesserungen, die den allgemeinen Lebensstandard der Bewohner heben. Jedes Haus hat einen eigenen Wasseranschluss und Elektrizität. All das trifft auf die anderen Gemeinden im Achuargebiet nicht zu. In einigen gibt es, wie man mir erzählt, schwere Ernährungsmängel, das Flusswasser bringt bakterielle Krankheiten, und wie ich selbst feststellen konnte, geht die aufwendige Webtechnik für die Palmdächer hier und dort verloren, weil nur noch Wellblech verwendet wird. Wellblech hat aber den Nachteil, dass es darunter bei Sonne extrem heiß und bei Regen extrem laut wird - beide Wetterlagen sind denkbar häufig.

Klassenzimmer des Gymnasiums (Colegio)
An einem Tag wurde mir der Nachteil der Wellblechdächer besonders bewusst. Ich habe mich nämlich für eine Woche als Englischlehrer an der Grundschule und am Gymnasium von Sharamentsa engagiert. Ganz schön anstrengend, muss ich sagen. Mein Respekt für die Lehrer in meiner Bekannt- und Verwandtschaft ist, soweit möglich, nochmals gestiegen. An dem besagten Tag verhinderte ein Regenschauer für etwa eine halbe Stunde fast gänzlich die Kommunikation, so dass ich stattdessen von Tisch zu Tisch ging und schriftliche Aufgaben verbesserte. Ich hatte als Lehrer auch eine Menge Spaß und fand mehr und mehr Gefallen an der Aufgabe mit der zunehmenden Übung.

Schulstunde mit Haustierbesuch
Von meinem Geburtstag letzte Woche hatte ich keinem etwas gesagt und bekam deswegen auch keine Glückwünsche. Die Achuar feiern Geburtstage nicht, warum also nicht mal etwas Anderes ausprobieren. Es war ein Experiment meinerseits und ich muss sagen, ich habe es genossen. Aber ein Zugeständnis machte ich doch und zwar hatten mich die Grundschüler schon in der Woche zuvor gebeten, doch etwas zu singen und da war mir als englisches Lied mit einfachem Text "Happy Birthday" eingefallen, das seither in jeder Stunde wiederholt wurde. Also bekam ich auch an meinem Geburtstag ein Ständchen, gesungen von zwölf süßen Kinderstimmen, während ich vor einer Tafel stehend auf die einzelnen Wörter zeigte. Genug Feier für mich!


Diese Woche ist jetzt erstmal Puyo dran, dann gehts vorübergehend nach Quito und Anfang Mai will ich zurück in den Wald. Es geht weiter...

Montag, 7. April 2014

Erste Woche im Regenwald

Ich bin also noch am Leben. Es gibt in Sharamentsa, der Gemeinde, wo ich mich die letzte Woche und die nächsten beiden Wochen aufhalte, aktuell keinen Internetzugang. Das macht auch nichts, denn ich nutze gerade die günstige Gelegenheit eines Besuchs in der Kapawi Eco-Lodge, um kurz das Notwendigste in die Welt zu schicken. Leider bleibt es wohl aufgrund der langsamen Verbindung bei einer Mail und diesem Blogeintrag, Datensicherung muss mit Festplatte und USB-Stick reichen.

Die Forschung lässt sich gut an. Eine kleinere Durchfallattacke habe ich an einem Tag mit Hilfe von Lopedium und Ingwertee schnell weggesteckt und Mückenstiche kratzen mich schon jetzt nicht mehr. Ich beginne immer mehr Leute in der Gemeinde kennenzulernen, teils beim Arbeiten, teils beim Spielen, teils bei Gemeindeversammlungen oder beim Essen.
Arbeiten kann hier bedeuten, dass ich mich beteilige, wenn es gilt ein Stück Wald mit der Machete zu lichten oder Bretter von einem Lagerort im Wald in die Schreinerei zu bringen (Gummistiefel und Hut nicht vergessen, es regnet in Strömen). Spielen bedeutet vor allem „Ecuavolei“, also Ecuadorianisches Volleyball, wobei der Ball ein Fußball ist und die Teams aus drei Personen bestehen. Hardcore, denn die Jungs hier sind gut im Training :)
Eine erste Gemeindeversammlung gab es auch schon, bei der nach Tagesordnungspunkten ausführlich auf Achuar diskutiert wurde. Ich habe hinterher gefragt, worum es ging, aber auch die Wortmeldungen waren zum Teil mit Spanisch durchsetzt, so dass ich etwas folgen konnte.


Lieblingsarbeitsplatz

Lieblingsausblick

Typisches Frühstück: Eier, Yuca, Banane, Lemongrasstee

Tierchen (Jagdspinne)
Jungschlange

Ja, Tausendfüßler von etwa 15 cm.

Kanureise auf dem Pastaza

Ecuavolei


Soweit ist alles im Plan und ich bin guter Dinge, dass ich in zwei weiteren Wochen in Sharamentsa und dem nächsten Aufenthalt in der anderen Gemeinde - dann bei den Shuar – ein recht umfassendes Bild dieser Kooperation zeichnen kann.

Ich hoffe, Deutschland und dem Rest geht es gu! Nachrichten bekomme ich hier jedenfalls nicht. Liebe Grüße und bis zur nächsten Internetverbindung :)

Sonntag, 30. März 2014

...nach Puyo...

Jetzt ist es soweit. Gestern Abend habe ich mich mit dem Projektverantwortlichen Achuar getroffen, den ich schon bei meiner letzten Reise kennengelernt habe. Es war ein freudiges Wiedersehen und auf der Dachterrasse des Secret Garden - ich hatte extra die Morgenschicht übernommen um abends frei zu sein - hatten wir Gelegenheit uns über meine Pläne und die neuesten Nachrichten aus Sharamentsa zu unterhalten.

Heute Morgen habe ich mein Hostel verlassen und bin mit meinem Begleiter nach Puyo aufgebrochen. Er kennt in Ecuador scheinbar jeden, das heißt auch alle meine Interviewpartner und umgekehrt. Das kann gut und schlecht sein, aber ich tendiere zu gut, denn wir haben eine herzliche und vertrauensvolle Beziehung und so komme ich hoffentlich etwas einfacher an meine Informationen. Er erzählte mir auf der viereinhalbstündigen Fahrt einige Anekdoten aus seinem Leben und wir berieten uns auch über die Schwierigkeiten, die jüngeren Mitglieder der Gemeinde für das Entwicklungsprojekt zu motivieren. Mein Freund hat eine sehr klare Vision davon, was passieren muss, aber seine Erfahrungen sind einzigartig und er kann sie noch so viel mit Worten beschreiben, die nächste Generation tut sich schwer, die gleiche Dringlichkeit zu empfinden wie er. Es wird unter anderem meine Aufgabe sein, verstehen zu lernen, was alle Beteiligten sich von dem Projekt versprechen.

Zum Beweis, dass ich wirklich in Puyo angekommen bin, hier wieder ein paar Bilder von der Fahrt und meiner Unterkunft für heute Nacht. Morgen geht es dann mit dem Flugzeug nach Südosten an  die Grenze zu Peru am Pastaza-Fluss.

Cotopaxi

Tungurahua

Ein Ara in einem Baum direkt auf  dem Hostelgelände

Willkommen im Regenwald!

Aus Quito...

...auf den Berg. Ich habe eine Lücke in meinen Pflichten als Freiwilliger im Hostel und als Interviewer genutzt, um auf den "Hausberg" von Quito zu steigen. Dazu nimmt man die Seilbahn auf die Spitze Cruz Loma und läuft von dort auf den weit höheren Gipfel Rucu Pichincha mit 4696 Metern. In einem Reiseführer hatte ich gelesen, der Weg würde drei Stunden dauern, und dabei stillschweigend angenommen, dass das die Angabe für den Hin- und Rückweg sei (gemeint war natürlich der einfache Weg).
So stieg ich und stieg ich, genoss die Landschaft und meine gewonnene Höhenlufttauglichkeit und kam nach etwa zweieinhalb Stunden, vorbei an einer Sandzone, einer Höhle mit Tropfwasserbecken und einem letzten steilen Felsanstieg zum Gipfel. Dort traf ich zwei Münchner Geografiestudenten, die mir eine leckere Semmel schenkten, und einen freundlichen Ecuadorianer in meinem Alter, mit dem ich mich eine Weile unterhielt. Während wir redeten näherten sich zwei Vögel, die mein neuer Freund als Curiquingues bezeichnete. Ich fütterte sie mit dem mitgebrachten Dattelbrot und machte einige Fotos. Es folgen einige Fotos des Abenteuers:
Pferde für Ausritt zu mieten

Quito im Hintergrund

Halber Weg

Letztes Stück

Auf dem Gipfel mit Curiquingue

Curiquingue

Blick über Pasochoa-Krater auf Gipfel des Cotopaxi

Mittwoch, 26. März 2014

Leben in Quito

Basilica del Voto Nacional
Ich sitze wieder auf der Dachterrasse. Bevor ich nach Cotopaxi gefahren bin, hatte mich der Besitzer der Hostels, ein Australier, bereits angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, ein bisschen als "voluntario" auszuhelfen. Zunächst war ich mir nicht sicher, weil ich gerne mehr Einheimische kennenlernen wollte und dafür Couchsurfing besser geeignet ist. Doch am Ende habe ich mich entschieden den Job zu akzeptieren, denn er bietet mir viele Vorteile: Ich habe ein kostenloses Privatzimmer, kostenloses Frühstück und Abendessen, freie Getränke, und Internet. Dafür muss ich mich ab dem späten Nachmittag für ein paar Stunden um das Verteilen von Essen kümmern und bis 11 Uhr abends an der Rezeption aushelfen, also Fragen beantworten und Gästen ihre Zimmer zeigen. Außerdem bin ich verantwortlich für das all-abendliche Lagerfeuer auf der Dachterrasse, das wir auch bei Regen am Laufen halten. Es gibt bei weitem unangenehmere Jobs als mit Weltreisenden um ein Feuer zu sitzen und gelegentlich neue Drinks zu verteilen oder ein Taxi zu bestellen.

Blick in den Krater des Pululahua
Tzantza im Glaskasten
Diese Situation bedeutet für mich auch, dass ich fast den ganzen Tag über frei habe und mich nicht um allzuviel kümmern muss. Am Montag genoss ich den Blick von der Basilica del Voto Nacional, deren Türme bis ganz nach oben zu besteigen sind. Und gestern war ich mit einer Gruppe auf einem Ausflug zur Äquatorlinie, der so genannten "Mitte der Welt" (Mitad del Mundo). Nach einem Zwischenstop am alten Krater des Pululahua ging es zum Museum Inti Ñan (quechua für "Weg der Sonne"), dem geografischen Ort des Äquators, wo Charles-Marie de La Condamine im 18. Jahrhundert auf einer Expedition die Erde vermaß und unter anderem Grundlagenarbeit für das metrische Maßsystem leistete. Der Besuch des Museums beginnt leider mit einigen oberflächlichen Informationen zu den indigenen Bewohnern Ecuadors und wählt ausgerechnet die spektakulären Schrumpfköpfe der Shuar-Indianer als Beispiel. Wegen meines mittlerweile erweiterten Wissens habe ich mich über das verzerrte Portrait eher geärgert. Die Experimente mit den Korioliskräften an der Äquatorlinie haben mir dagegen wirklich Spaß gemacht. Ein Ei auf dem Kopf eines Nagels zu balancieren ist hier einfacher, und Wasser, das aus einem Becken unten abfließt, dreht sich auf der Nord- und Südhalbkugel in gegensätzlicher Richtung in den Strudel. Es gibt weder Tornados noch Taifune rund um die Erdmitte, also muss man sich bezüglich Naturkatastrophen an Erdbeben und Vulkanausbrüche halten ;-)

Spaziergang am Äquator
Doch nicht nur zum Tourismus habe ich gerade genug Zeit, auch meine Arbeit hat heute einen Schritt nach vorne gemacht. Nach einem glücklichen Zufallstreffen auf einer Münchner WG-Party hatte ein neuer Bekannter vor drei Wochen einen Kontakt für mich hergestellt. Nach ein paar E-Mails und einem Telefonat hatte ich eine Verabredung mit dem Chef eines für meine Arbeit sehr interessanten Tourismusunternehmens. Also nahm ich heute Früh ein Taxi in die Nordstadt und nach kurzer Wartezeit im Büro durfte ich fragen, was ich wollte. Mein Spanisch war teilweise ungewohnt holprig wegen der vielen Gedanken im Kopf, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Spannende Informationen und neuer Schub für meine Ideen!