Dienstag, 6. Mai 2014

Forschen vs. Freizeit

Seit zwei Wochen bin ich (vorerst) zurück in Quito. Wegen meines Hosteljobs als Freiwilliger wohne und esse ich kostenlos, was ein gutes Argument für Quito im Gegensatz zu Puyo ist, wo ich vermutlich im Hotel wohnen würde. Im Übrigen hatte ich gehofft, viel von meinen Interviews zu transkribieren und einiges für den zweiten Trip in den Regenwald vorzubereiten. Doch wie man sich denken kann ist das Hostelleben nicht nur förderlich für konzentrierte Forschung und Datenauswertung.

Feuer am Nachmittag (uns war einfach kalt)
Seit ich hier bin, kennen mich natürlich immer alle Gäste als einen Volunteer, der immer für Fragen zur Verfügung steht, fast immer eine Antwort hat und zumindest - stets hilfreich bei der Informationsbeschaffung - die Locals oder das Internet bemüht. Und natürlich lerne ich bei der abendlichen Runde um das Lagerfeuer einige interessante Menschen aus der ganzen Welt kennen. 
Es gibt eine Morgenschicht, bei der Frühstück serviert wird, und häufig geht um zehn Uhr ein Shuttle in das Partnerhostel nahe dem Vulkan Cotopaxi, so dass Gäste auschecken und zum Gepäcklager begleitet werden wollen. Die Abendschicht ist länger und nach dem Abendessen gibt es einiges abzuspülen und natürlich das Feuer zu machen. Alles gute Voraussetzungen für die perfekte Prokrastination.* Wenn man dann noch Magen-Darm-Probleme und Schnupfen hinzufügt, leidet die Effizienz des Forschers ;-)

Arbeitsplatz auf der Terrasse
Sir Paul McCartney
Interviews transkribiere ich aber trotzdem und ich komme voran, nur eben langsamer als ich dachte. Und die Pufferzeit hat mir schließlich einige Erlebnisse gebracht, die ich nicht missen will. Zum Beispiel das Paul McCartney-Konzert am letzten Montag im Fußball-Stadion der Liga. Der Ex-Beatle hat in Ecuador eine riesige Fan-Basis und hat das Stadion gut gefüllt. Das bisschen Regen von gefühlten zwanzig Minuten während des dreistündigen Konzerts hat keinen gestört. Ich wollte ursprünglich mit einem meiner Hostelkollegen gehen, aber der hatte den ganzen Tag vor dem Eingang gecampt und ich kam abends etwas zu spät an, um noch mit ihm reinzukommen. Das gute daran war, dass ich auf diese Weise zwei Ecuadorianer kennenlernte, die mir nicht nur sehr nette Gesellschaft während des Konzerts leisteten, sondern mich auch nachts zurück zum Hostel transportierten. Einziges Manko des Konzertabends: Ich wurde beim Anstehen bestohlen und zwar klaute jemand mein Büchlein mit Forschungsnotizen. Bin ich froh, dass ich kleinlich genau alle meine Notizen regelmäßig auf den PC übertragen habe, inklusive Telefonnummern und Adressen. Gefühlter Verlust: zwei Seiten Notizen vom Vortag, einige Formulierungen auf Achuar. Das wars! Glück gehabt, denn die Konzertkarte im Wert von 100 Dollar war direkt daneben. Dummer Dieb :-P

Der Post ist schon lang geworden, also teile ich hier einfach noch ein paar Bilder und Videos von anderen Gelegenheiten wie Ausgehen mit den Leuten aus dem Hostel und einen Tagestrip auf den Markt von Otavalo. 



Vor dem Weggehen in der "Mariscal"

Neue Freunde beim McCartney-Konzert




Markt von Otavalo

Mittagessen mit überraschendem Hühnerfuß

*für diejenigen, die schon eine Weile nicht mehr in der Uni oder Schule waren: Prokrastination (lat. procrastinatio: "Vertagung") ist das Phänomen der Aufschieberei (sehr verbreitet unter Schülern und Studenten), bei dem man angesichts großer Freiheit bei der Zeiteinteilung und trotz klarer Prioritäten die unwichtigsten Aufgaben zuerst erledigt, um gegen Ende einer Deadline zunehmend in Stress zu geraten. Kenntnis des Problems hat erfahrungsgemäß keinen merklichen Einfluss auf dessen Lösung. Ausreichend Schlaf und Sport hingegen scheinen zu helfen ;-)

1 Kommentar:

  1. Hey,
    als du mir das erste Mal von Prokrastination erzählt hast, warst du sehr verzweifelt. Aber ein paar Tage später warst du wieder super drauf und sagtest: "Problem erkannt, Problem gebannt!" ;-) Anscheinend hat sich deine Einschätzung geändert ;-)
    LG Miri
    PS: Ich hab schon ein Kleid! :-)

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